Geschichte
Rüscheid - auf den Spuren der Ortsgeschichte
So lautet der Titel der Rüscheider Ortschronik, die bei der Ortsgemeindeverwaltung oder beim Autor der Chronik, Arno Schmidt (Tel.: 02639/1646) zu einem Preis von 17 Euro erworben werden kann.
Greifen wir einige Kapitel aus der 360 Seiten umfassenden, mit zahlreichen Bildern, Karten und Zeichnungen versehenen Chronik heraus, so begegnen uns nach der Beschreibung der geografischen Lage umfangreiche Darstellungen der siedlungsgeschichtlichen Entwicklung und der Herrschaftsgeschichte.
So erfährt der Leser von der urkundlichen Ersterwähnung des Ortes im Jahre 1280 und von zwei mittelalterlichen Höfen, von denen vermutlich die Besiedlung Rüscheids ausging und die Entwicklung zu einem Haufendorf beeinflussten:
Rommersdorfer Hof und der Kirchenhof, der zum gemeinsamen Besitz der Kirchen zu Anhausen und Oberhonnefeld gehörte. Eine Einfriedung des Dorfes mit einem Zaun zum Schutz vor wilden Tieren war noch bis im 19. Jahrhundert vorhanden.
Einen Einblick in die Gestaltung des bäuerlichen Siedlungsraums liefern die Flurnamen. Beispielsweise verweist der Flurname Hanfbitz auf den einstigen Anbau der Gespinstpflanze Hanf. Im Walddistrikt Christbrand wurde das Brandholz für die Dierdorfer Schlossbewohner zur Weihnachtszeit geschlagen.
In der Mitte des 14. Jahrhunderts behaupteten sich die Grafen zu Wied als Landesherren. Unter ihrer Regentschaft fanden im 17. Jahrhundert die Dierdorfer Hexenprozesse statt. Christine Schmidt hat in ihrem Beitrag "Thieß Gretgen - Opfer der Hexenverfolgung" die Geschichte einer Rüscheider Hebamme aufgezeichnet, die 1644 der Hexerei beschuldigt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde.
Bereits im frühen 18. Jahrhundert verließen die ersten Rüscheider Familien ihre Heimat, um im fernen Amerika ein besseres wirtschaftliches Auskommen zu finden. Neben der Auflistung zahlreicher Familien, die sich in Amerika ansiedelten, wird der Inhalt eines Briefes wiedergegeben, den ein Auswanderer an seine in Rüscheid zurückgebliebenen Verwandten schrieb.
In seinem Beitrag "Erkrankungen in Rüscheid in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts" berichtet Dr. Helmut Priewer über einen Typhusausbruch in Rüscheid, der durch das Eindringen von Jauche in den Gemeindebrunnen hervorgerufen worden war. Das heute kaum noch bedrohliche Scharlachfieber riss zwischen Dezember 1878 und Januar 1879 neun Rüscheider Kinder aus dem Leben.
In Zeiten der Not richtete man in Rüscheid dörfliche Gemeinschaftswerke ein, so zum Beispiel einen Vieh- und Schweineversicherungsverein, eine Raiffeisengenossenschaft oder eine Waschgemeinschaft.
Den Erfordernissen der dominierenden Landwirtschaft entsprechend, gab es zahlreiche Dorfhandwerker, so zum Beispiel den Schmied, Zimmermann, Schreiner, Sattler, Schuhmacher, Schneider und Schieferdecker.
Im Kapitel Brauchtum erfährt der Leser von überlieferten Urbacher Pfingstrechten aus dem 17.Jahrhundert. Danach hatten die Rüscheider das Recht, ihr Vieh im Urbacher Wald zu weiden. Zur Anerkennung dieser Weidegerechtigkeit kamen die Urbacher alljährlich an Pfingstmontag mit ihren Pferden nach Rüscheid geritten, um Käse und Eier abzuholen.
Vergessen ist auch der Brauch, den Christ- bzw. Weihnachtsbaum mit einer kleinen Umzäunung, einem Gärtchen, einzufassen.
Von den dörflichen Festen ist die Ende Oktober stattfindende Mückenkirmes das herausragende Ereignis. Nach dem Motto "Ohne Wasser kein Leben" findet auch die Geschichte der Rüscheider Wasserversorgung eine ausführliche Darstellung. Die 200-jährige Rüscheider Schulgeschichte beginnt mit der Unterrichtung der Kinder durch einen so genannten Dinglehrer in einer Bauernstube und endet mit der Auflösung der Evangelischen Volksschule Rüscheid im Jahre 1972.
Das 20. Jahrhundert wurde durch die beiden Weltkriege überschattet. Im März des Jahres 1945 endete der Zweite Weltkrieg, der auch in Rüscheid zahlreiche Opfer gefordert hatte. Mit dem Kriegsende prägte die Sorge um das Schicksal der Ehemänner, Väter, Brüder und Söhne, die in Gefangenschaft geraten waren, das Alltagsleben im Dorf.
Es folgten die entbehrungsreichen Nachkriegsjahre unter französischer Besatzung. Den Abschluss des Buches bildet der Beitrag "Schnoogs-Insel". Die mit ihren Mundartbeiträgen weit über Rüscheid hinaus bekannte Renate Seuser erinnert hiermit an die wechselvolle Geschichte des Dorfplatzes, Schnoogs-Insel genannt. Zahlreiche alte Fotos aus dem landwirtschaftlich geprägten Alltag der Dorfbewohner und neue Fotos von Jutta Döring schmücken den Band.